Enthornung von Kälbern nur noch nach Betäubung durch den Tierarzt, Anwesenheitspflicht für Veterinäre auch für die Verladung von Schlachttieren oder kurzfristiges Komplettverbot des Schwanzkupierens bei Ferkeln und Schafen – das sind nur einige der Punkte, die die Bundesregierung in den Entwurf eines neuen Tierschutz-Gesetzes hineingeschrieben hat. Aus Sicht des Kreislandvolkverbands Friesland sind diese Vorschläge völlig praxisfern, denn schon allein aufgrund des Mangels an Tierärzten wären sie kaum umsetzbar.
Auf dem Betrieb der Kleyhauer Vareler Hafen GbR hatte der Verband jetzt die SPD-Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller zu Gast, die ihren Kollegen Dr. Matthias Miersch mitgebracht hatte, der als stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion unter anderem für das Thema Landwirtschaft zuständig ist. Mit den beiden Politikern sprachen die Landwirte über die Folgen, die die Gesetzesänderung für ihre Betriebe hätte. Denn noch ist nichts in Stein gemeißelt: Der Gesetzentwurf wird im Herbst zunächst im Bundestag beraten und soll dann zur Überarbeitung noch in die Parlamentsausschüsse gehen.
„Ende September hatten wir im Deutschen Bundestag die erste Lesung der Novelle des Tierschutzgesetzes. In den dann beginnenden parlamentarischen Verhandlungen werden wir uns den Gesetzentwurf genau anschauen. Dabei wird auch die Praxistauglichkeit eines unserer Überprüfungskriterien sein, denn mir ist wichtig, dass wir in Deutschland weiterhin eine landwirtschaftliche Produktion haben werden. Wir brauchen Lösungen, die auch leistbar sind“, betonte Matthias Miersch.
„Die Enthornung von Kälbern muss der Landwirt weiter selbst durchführen können“, forderte Lars Kaper, Vorsitzender des Kreislandvolkverbands Friesland. Sofern dafür eine lokale Betäubung gefordert werde, müssten das Betäubungsmittelgesetz und die Zulassungen für die benötigten Medikamente so geändert werden, so dass die Mittel selbstständig von den Landwirten angewendet werden dürfen. Eine weitere pragmatische Lösung wäre der Einsatz eines Eis-Sprays anstelle einer lokalen Betäubung, das ebenfalls eine schmerzunterdrückende Wirkung habe. Lars Kaper gab Matthias Miersch eine entsprechende Studie aus Bayern mit der Bitte, einmal wissenschaftlich überprüfen zu lassen, ob dies eine mögliche Alternative sein könnte.
Einig waren sich Matthias Miersch und Siemtje Möller mit den 14 anwesenden Landwirten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft im europäischen Kontext erhalten bleiben müsse.
Die geplanten Änderungen des Tierschutzgesetzes im Detail
- Enthornung von Kälbern: Bislang werden Kälber sediert, und es wird vor dem Enthornen ein Schmerzmittel verabreicht. Die Neufassung des Gesetzes sieht vor, dass die Tiere künftig nur noch mit lokaler Betäubung enthornt werden dürfen. Das Problem: Nur Tierärzte dürfen Betäubungsmittel verschreiben und anwenden, eine Abgabe an den Landwirt ist derzeit rechtlich nicht zulässig.
- Verladung von Schlachttieren: Bislang sind der Landwirt und eingeschränkt auch der Spediteur verantwortlich dafür, dass Tiere beim Verladen transportfähig sind – mit Ausnahme von Geflügel, das bereits heute vor dem Verladen im Stall vom Amtstierarzt kontrolliert wird. Das neue Gesetz sieht vor, dass künftig auch bei allen anderen Tierarten die Anwesenheit des Tierarztes beim Verladen erforderlich wird.
- Kupieren von Schwänzen bei Mastschweinen: Trotz intensiver Forschung ist immer noch unklar, mit welchen Methoden sich das Schwanzbeißen von Mastschweinen untereinander zuverlässig verhindern lässt. Das neue Tierschutzgesetz fordert jetzt, dass innerhalb von drei Monaten Maßnahmenpläne zur Umsetzung des Kupierverzichts, verbunden mit einem Umbau der Ställe, vorgelegt werden müssen.
- Weitere Regelungen: Auslaufen der Anbindehaltung bei Milchkühen – auch in den süddeutschen Bergregionen, wo diese Haltungsform zum Kulturgut gehört; Verbot von bestimmten Zuchtmethoden, wobei es dem jeweiligen Fachministerium überliegt, die Verbote zu definieren